Politik-Dating mit Bundestagsabgeordneten auf der Weinlaube

Persönliche Gespräche statt Vorträge: Der BDS veranstaltet ein Treffen im LKZ-Zelt auf der Weinlaube.

LUDWIGSBURG. Datings sind in. Gerne genutzt von Partner­agenturen, um Menschen zusammen­zubringen. Auf dass sie eine lange, glückliche Beziehung eingehen mögen. Das Dating am Donnerstag­abend im LKZ-Zelt auf der Ludwigsburger Weinlaube versuchte jedoch, zwei Partner zusammen­zubringen, die sich nicht immer attraktiv finden: Politik und Wirtschaft. Da gibt’s oft Streit. Der eine schmiedet Pläne, die den anderen zur Raserei bringen. Oder er tut es nicht, was den anderen auf die Palme bringt.

Der Veranstalter, in diesem Fall der Bund der Selbstständigen (BDS), Ortsverband Ludwigsburg, erhofft sich etwas weniger Ermü­dendes als eine zähe Podiums­diskussion oder nicht enden wollende Plenums­runde. Daher die Idee zum Dating. Eingeladen sind Ludwigsburgs Bundestags­kandidaten: die vier Anwälte Steffen Bilger (CDU), Ingrid Hönlinger (Grüne), Macit Karaahmetoglu (SPD) und Alexander Deicke (FDP). Sie gehen zunächst auf Kuschel­kurs, betonen ihre Nähe zur Wirtschaft – sei es durch entspre­chende Fachgebiete oder Erfah­rung im Unternehmertum. Die Politiker stehen an je einem Tisch Rede und Antwort, wechseln nach 30 Minuten zum nächsten Tisch.

Anfangs wird ein bisschen gefremdelt. Einige Runden brau­chen etwas Anlauf. Man tastet sich ab, beobachtet, isst Fleisch­käsweck, trinkt Wein. Peter Michael Kluczynski ist schon flirtbereit. „Frau Hönlinger will ich fragen, ob wir per Du sind“, sagt der Landschafts­architekt und lacht. Er spielt auf ihr Wahlplakat an. Dann traut sich einer: „Wie wollen Sie die Förderung des Mittel­standes umsetzen? Wie sind Ihre Vorstellungen von finanz­politischer Regulierung?“, will Björn Winkle wissen, Vermögens­berater bei der Kreissparkasse. Diese Fragen stellt er jedem Kandidaten, um sich ein abschließendes Bild machen zu können. „Ich will keine Wort­hülsen hören, Verspre­chen gibt es schon genug“, sagt er. Der BDS-Ortsverband hat rund 90 Mitglieder, meist kleinere Mittel­ständler. Gekommen sind nur gut 30, es sind eben Ferien. Im Minutentakt geht’s durch die Interessens­gebiete: umwelt­verträgliches Wirtschafts­wachstum, Kredit­vergabe, Arbeitnehmer­überlassung, Photovoltaik, mehr Vertrauen in den Euro. Während einige Unter­nehmer fremdgehen, die Tische verlassen und mit­einander statt mit den Politikern plaudern, entwickeln sich anderswo lebhafte Diskussionen: Ulrich Wohlfahrt vom Dachdecker Kemker beschäftigen Nachwuchs­sorgen. Er klopft die Konzepte der Politiker gegen Fachkräfte­mangel ab.

Die Steuerberaterin Marie-Luise Scholl fordert planbare Steuer­gesetze. „Nicht jedes Jahr eine neue Vorschrift.“ Als ein Politiker das Anheben der Spitzen­steuer­sätze erwähnt, schüttelt sie den Kopf. Substanz­besteuerung sei tödlich für den Mittelstand. Auch Architekt Folker Heling ist wenig überzeugt: „Es werden viele Wahl­versprechen gegeben, die garan­tiert nicht eingehalten werden.“ Klingt mehr nach Distanz­beziehung statt enger Partnerschaft. LKZ Michael Müller

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